Fragestellung und Ziel

Die Geschichte moderner Gesell­schaften und der internationalen Beziehungen wird in unter­schiedlichen Varianten als ein schritt­weiser Verzicht auf Gewalt erzählt: Als Prozess der Zivilisation, der die Menschen dazu bringt, ihre Affekte zu mäßigen; als Prozess der Staats­bildung, der Gesellschaften befriedet und zur Mono­polisierung legitimer Autorität führt; als Prozess zunehmender internationaler Inter­dependenz, der die Kosten von Konflikten auf ein inakzeptables Niveau treibt; oder als Prozess der Verrecht­lichung, der Staaten dazu bringt, auf Krieg zu verzichten und Streitig­keiten friedlich beizulegen.

Aktuelle Tendenzen zeigen jedoch, dass von einer Über­windung organisierter Gewalt keine Rede sein kann und weisen in die entgegen­gesetzte Richtung: Das weltweite Konflikt­geschehen hat an Intensität wieder zugenommen; Globalisierung und technologischer Wandel ermöglichen neue Formen kriegerischer und terroristischer Gewalt; systematische Missachtung von Kriegs­gesetzen führt zu größerer Rücksichts­losigkeit und gezieltem Einsatz sexueller Gewalt, Ver­sklavung oder geächteter Waffen in der Kriegs­führung; weltweit stellen nationalistische Bewegungen Grund­prinzipien der friedlichen Konflikt­lösung innerhalb und zwischen Staaten offen infrage. Insgesamt verweisen diese Entwicklungen eher auf Trans­formationen, die existierende Normen und Praktiken zur Ein­hegung politischer Gewalt herausfordern.

Das interdisziplinäre Forschungs­zentrum „Transformations of Political Violence“ untersucht diese Ent­wicklungen mit dem Ziel, die Konsequenzen für den inner­gesellschaftlichen und inter­nationalen Frieden zu identifi­zieren und Strate­gien zur Ein­dämmung politischer Gewalt unter den sich verändernden Bedingungen zu entwickeln.