Jüngere Diskurse um die Gewalt in der Ukraine, Israel/Gaza und Sudan verweisen erneut darauf: Die Geschichte militärischer Gewalt ist zugleich eine Geschichte ihrer Rechtfertigung. Auf diesem Panel sollen zwei jüngere Monografien zur Diskussion gestellt werden, die sich dieser Thematik mit einem Blick auf die Bedeutung von Recht widmen: „A Century of Anarchy? War, Normativity, and the Birth of Modern International Order“ von Hendrik Simon und „Militärische Missionen. Rechtfertigungen bewaffneter Auslandseinsätze von ihren Ursprüngen bis zur Gegenwart“ von Hubert Zimmermann. Die Buchvorstellungen mit anschließender Diskussion mit den Autoren unter der Leitung von Lothar Brock findet im Rahmen der dreitägigen Tagung „Die Vielfalt des Rechts“ an der Philipps-Universität Marburg statt.
Wann? Donnerstag, 12. Dezember 2024, 15:30 bis 16:30 Uhr
Wo? Musizierhaus im Alten Botanischen Garten, Johannes-Müller Straße 13, 35037 Marburg
- Hendrik Simon legt mit „A Century of Anarchy? War, Normativity, and the Birth of Modern International Order“ (Oxford University 2024) eine Neudeutung des 19. Jahrhunderts als Geburtsära des modernen Kriegsverbots dar. Er wendet sich gegen den von Realisten ebenso wie von Liberalen bis heute verbreiteten Mythos, nach dem es im 19. Jahrhundert ein „freies Recht zum Krieg“ gegeben habe. Vielmehr untersucht Hendrik Simon die rechtswissenschaftlichen und politischen Debatten der Kriegsbegründung. Krieg war, so Hendrik Simon, auch im 19. Jahrhundert stets rechtfertigungsbedürftig. Wie aber sahen die Begründungen aus? Und in welchem Verhältnis stand das Recht dabei zu anderen normativen Sphären wie der Moral oder der Ethik?
- Hubert Zimmermann ist Autor von „Militärische Missionen. Rechtfertigungen bewaffneter Auslandseinsätze von ihren Ursprüngen bis zur Gegenwart“, das 2023 in der Hamburger Edition erschienen ist und von der langen Geschichte der Rechtfertigung von Auslandseinsätzen handelt. Ein zentraler Fokus liegt dabei auf Identitätskonstruktionen, in denen die Interventionsmächte ihr Verhältnis zu anderen Gesellschaften in konfliktreichen Debatten ausdefinieren. Diese Debatten werden von rechtlichen Rahmensetzungen strukturiert, und zwar sowohl von innerstaatlichen Gesetzen und Normen als auch von weniger präzise definierten völkerrechtlichen Normen. Um deren Interpretation handeln die entsprechenden Deutungskämpfe um die Legitimität staatlicher Gewaltanwendung.
Das gesamte Programm der offenen Tagung mit Wegbeschreibung.